Ruhrbrücke: Brücken des Lebens
Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluß des Lebens schreiten mußt, niemand außer dir allein |
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Ihr aber werdet hinübergehen |
Der Brückenbauer I „Du hast einen schönen Beruf,“ sagt das Kind zum alten Brückenbauer, „es muss schwer sein, Brücken zu bauen.“ |
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Begegnung Einander mutig entgegengehen |
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Der Brückenbauer II Ein Wanderer mit grauem Haar war schon lange unterwegs, als gegen Abend das Wetter immer schlechter wurde. Dunkle Wolken zogen auf und bald begann es zu regnen. Die Sicht wurde immer schlechter, doch er konnte nirgendwo verweilen, denn bis zum nächsten Rasthaus war es noch ein langes Stück zu gehen. Zu allem Unglück sperrte ein reißender Gebirgsbach seinen Weg, denn die wilden Wasser hatten die Stützbalken des Stegs über die Kluft fortgerissen. Der Wanderer besann sich nicht lange. Die lange Nacht bei strömendem Regen konnte ebenso seinen Tod bedeuten wie ein Sturz in die Tiefe. Er nahm Anlauf und sprang beherzt über den Felsspalt. Auf der gegenüberliegenden Seite, wo noch sichere Pfosten des früheren Stegs standen, begann er, eine neue Brücke zu bauen. Da kam ein anderer Wanderer auf ihn zu und fragte: »Was schuftest du denn hier bei Nacht und Regen, anstatt Schutz im Rasthaus zu suchen? Du bist schon fast am Ziel, hast den Bach überwunden und kommst sicher nie wieder hier vorbei. Dann kann’s dir doch egal sein, ob hier ein Steg ist oder nicht.“ Da hob der Alte den grauen Kopf und erwiderte: ››Für mich bildete der Fluss vielleicht kein großes Hindernis, aber nach mir werden Leute kommen, die jünger sind als ich und darum mehr zu verlieren haben. Für die baue ich die Brücke. Norbert Lechleitner: Balsam für die Seele |
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Überbrückt In einem kleinen Dorf in Vietnam lebten am Song Hong Menschen, die mit den Bewohnern jenseits des Flusses verfeindet waren. Den Grund für diesen anhaltenden Zwist kannte keiner mehr. Doch muss einmal viel Blut geflossen sein, denn Song Hong bedeutet Roter Fluss. Das Wasser des Flusses aber ist gelb und schlammig, und das seit eh und je, und nicht blutrot. Eines Morgens begab sich Ly Bon in den nahe gelegenen Wald, um Bambusstangen zu fällen. Als er einen ansehnlichen Haufen beieinanderhatte, schleppte er die Stöcke zum Fluss und rammte sie in den Boden. Zunächst wunderten sich seine Dorfnachbarn über dies merkwürdige Treiben. Doch bald erkannten sie, dass sich Ly Bon anschickte, eine Brücke über den Fluss zu bauen. Das war wirklich kein leichtes Unterfangen. Es war nicht nur schwer, die Stangen tief genug in den Boden zu treiben; immer wieder war Ly Bon dabei auch in Gefahr, selbst ins Wasser zu stürzen. Eines Abends versammelten sich viele der Dorfältesten und fragten Ly Bon, warum er dies mache. Ly Bon antwortete, ohne zu zögern: „Wenn man Frieden schaffen will, muss einer damit beginnen, eine Brücke zu bauen, auch wenn der Bau sich als äußerst schwierig erweist.“ Nach einer Pause setzte er hinzu: „Ich muss sogar damit anfangen, selbst wenn ich nicht weiß, ob ich auf der anderen Seite mit Bambusstöcken vertrieben werde.“ Heribert Haberhausen |