Station 13

Lanferbachtal (Zeder): Ruhephasen des Lebens

Bild 13.1 Small Bild 13.2 Small

„Nur in einem ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne.“
(Chinesisches Sprichwort)

Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind,
und ruht ein wenig aus.
Mk 6, 31


Die Reise nach innen

Ich sitze hier vor Dir, Herr,
aufrecht und entspannt, mit geradem Rückgrat.
Ich lasse mein Gewicht senkrecht durch meinen Körper hinuntersinken auf den Boden, auf dem ich sitze. Ich halte meinen Geist fest in meinem Körper.
Ich widerstehe seinem Drang, aus dem Fenster zu entweichen,
an jedem anderen Ort zu sein als an diesem hier,
in der Zeit nach vorn und hinten auszuweichen, um der Gegenwart zu entkommen.
Sanft und fest halte ich meinen Geist dort, wo mein Körper ist:
hier in diesem Raum.

In diesem gegenwärtigen Augenblick
lasse ich alle meine Pläne, Sorgen und Ängste los.
Ich lege sie jetzt in Deine Hände, Herr.
Ich lockere den Griff, mit dem ich sie halte, und lasse sie Dir.
Für den Augenblick überlasse ich sie Dir.
Ich warte auf Dich – erwartungsvoll.
Du kommst auf mich zu, und ich lasse mich von Dir tragen.

Ich beginne die Reise nach innen. ich reise in mich hinein, zum innersten Kern meines Seins, wo Du wohnst.
An diesem tiefsten Punkt meines Wesens bist Du immer schon vor mir da, schaffst, belebst, stärkst ohne Unterlass meine ganze Person.

Und nun öffne ich meine Augen.
um Dich in der Welt
der Dinge und Menschen zu schauen
Ich nehme die Verantwortung für meine Zukunft wieder auf mich. Ich nehme meine Pläne, meine Sorgen, meine Ängste wieder auf.
Ich ergreife aufs neue den Pflug.
Aber nun weiß ich, dass Deine Hand über der meinen liegt und ihn mit der meinen ergreift.
Mit neuer Kraft trete ich die Reise nach außen wieder an,
nicht mehr allein, sondern mit meinem Schöpfer zusammen.

Dag Hammarskjöld

 

Der Einsiedler ging wie jeden Morgen zum Brunnen. Als er mit seinem Eimer Wasser schöpfte, kamen Wanderer vorbei. „Was machst du hier?“, fragten sie. Er sprach nur: „Schaut in den Brunnen!“
Sie gingen zum Brunnen und kamen enttäuscht zurück. „Wir sehen nur braune aufgewühlte Brühe.“ Der Mönch wartete eine Weile und schwieg. „Geht noch einmal zum Brunnen.“
Diesmal kamen die Wanderer mit anderen Gesichtern zurück: „Das Wasser war ruhig, klar und spiegelte. Man konnte sich selbst im Wasser wie in einem Spiegel erkennen, an einer Stelle sah man sogar den Grund.“
„Das mache ich in der Stille“, sprach der Einsiedler. „Ich komme zur Ruhe, ich erkenne mich selbst und manchmal schaue ich den Grund allen Lebens.“ Dann nahm er seinen Eimer und ging.

Aus: Rüdiger Maschwitz: Das Herzensgebet – ein Meditationsweg.

Ein Fischer sitzt am Strand und blickt auf das Meer, nachdem er die Ernte seiner mühseligen Ausfahrt auf den Markt gebracht hat.

Warum er nicht einen Kredit aufnehme, fragt ihn ein Tourist. Dann könne er einen Motor kaufen und das Doppelte fangen. Das brächte ihm Geld für einen Kutter und einen zweiten Mann ein. Zweimal täglich Fang hieße das Vierfache verdienen. Warum er eigentlich herumtrödele.

Auch ein dritter Kutter wäre zu beschaffen; das Meer könnte viel besser ausgenutzt werden, ein Stand auf dem Markt, Angestellte, ein Fischrestaurant, eine Konservenfabrik – dem Touristen leuchteten die Augen. 

“Und dann?” unterbricht ihn der Fischer. 

“Dann brauchen Sie gar nichts mehr zu tun. Dann können Sie den ganzen Tag sitzen und glücklich auf ihr Meer hinausblicken!”

“Aber das tue ich doch jetzt schon”, sagte der Fischer.

Heinrich Böll

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.