Station 7

Ruhrbrücke: Brücken des Lebens

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Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluß des Lebens schreiten mußt, niemand außer dir allein
(Friedrich Nietzsche)

Ihr aber werdet hinübergehen
Dtn 4,22


Der Brückenbauer I

„Du hast einen schönen Beruf,“ sagt das Kind zum alten Brückenbauer, „es muss schwer sein, Brücken zu bauen.“
„Wenn man es gelernt hat, ist es leicht,“ sagt der Brückenbauer, „es ist leicht, Brücken aus Beton und Stahl zu bauen. Die anderen Brücken sind viel schwieriger,“ sagte er, „die baue ich in meinen Träumen….“
“Welche anderen Brücken?” fragte das Kind.
Der alte Brückenbauer sah das Kind nachdenklich an. Er wusste nicht ob es verstehen würde. Dann sagte er: „Ich möchte eine Brücke bauen von der Gegenwart in die Zukunft. Ich möchte eine Brücke bauen von einem Menschen zum anderen, eine Brücke von der Dunkelheit in das Licht, von der Traurigkeit zur Freude. Ich möchte eine Brücke bauen von der Zeit zur Ewigkeit über alles Vergängliche hinweg.“
Das Kind hatte aufmerksam zugehört. Es hatte nicht alles verstanden, spürte aber, dass der alte Brückenbauer traurig war. Weil es ihn froh machen wollte, sagte das Kind:„Ich schenke dir meine Brücke.“
Und das Kind malte für den Brückenbauer einen bunten Regenbogen.

Begegnung

Einander mutig entgegengehen
aus den verschiedenen Zeiten und Zonen:
Wer zuerst die Hand reicht auf der Brücke
ist so wichtig nicht
wichtig allein dass wir’s wollen
wichtig allein die Begegnung
hoch über dem Abgrund berühren wir uns

 

Der Brückenbauer II

Ein Wanderer mit grauem Haar war schon lange unterwegs, als gegen Abend das Wetter immer schlechter wurde. Dunkle Wolken zogen auf und bald begann es zu regnen. Die Sicht wurde immer schlechter, doch er konnte nirgendwo verweilen, denn bis zum nächsten Rasthaus war es noch ein langes Stück zu gehen. Zu allem Unglück sperrte ein reißender Gebirgsbach seinen Weg, denn die wilden Wasser hatten die Stützbalken des Stegs über die Kluft fortgerissen.

Der Wanderer besann sich nicht lange. Die lange Nacht bei strömendem Regen konnte ebenso seinen Tod bedeuten wie ein Sturz in die Tiefe. Er nahm Anlauf und sprang beherzt über den Felsspalt.

Auf der gegenüberliegenden Seite, wo noch sichere Pfosten des früheren Stegs standen, begann er, eine neue Brücke zu bauen.

Da kam ein anderer Wanderer auf ihn zu und fragte: »Was schuftest du denn hier bei Nacht und Regen, anstatt Schutz im Rasthaus zu suchen? Du bist schon fast am Ziel, hast den Bach überwunden und kommst sicher nie wieder hier vorbei. Dann kann’s dir doch egal sein, ob hier ein Steg ist oder nicht.“

Da hob der Alte den grauen Kopf und erwiderte: ››Für mich bildete der Fluss vielleicht kein großes Hindernis, aber nach mir werden Leute kommen, die jünger sind als ich und darum mehr zu verlieren haben. Für die baue ich die Brücke.

Norbert Lechleitner: Balsam für die Seele

 

Überbrückt

In einem kleinen Dorf in Vietnam lebten am Song Hong Menschen, die mit den Bewohnern jenseits des Flusses verfeindet waren. Den Grund für diesen anhaltenden Zwist kannte keiner mehr. Doch muss einmal viel Blut geflossen sein, denn Song Hong bedeutet Roter Fluss. Das Wasser des Flusses aber ist gelb und schlammig, und das seit eh und je, und nicht blutrot.

Eines Morgens begab sich Ly Bon in den nahe gelegenen Wald, um Bambusstangen zu fällen. Als er einen ansehnlichen Haufen beieinanderhatte, schleppte er die Stöcke zum Fluss und rammte sie in den Boden.

Zunächst wunderten sich seine Dorfnachbarn über dies merkwürdige Treiben. Doch bald erkannten sie, dass sich Ly Bon anschickte, eine Brücke über den Fluss zu bauen. Das war wirklich kein leichtes Unterfangen. Es war nicht nur schwer, die Stangen tief genug in den Boden zu treiben; immer wieder war Ly Bon dabei auch in Gefahr, selbst ins Wasser zu stürzen.

Eines Abends versammelten sich viele der Dorfältesten und fragten Ly Bon, warum er dies mache.

Ly Bon antwortete, ohne zu zögern: „Wenn man Frieden schaffen will, muss einer damit beginnen, eine Brücke zu bauen, auch wenn der Bau sich als äußerst schwierig erweist.“

Nach einer Pause setzte er hinzu: „Ich muss sogar damit anfangen, selbst wenn ich nicht weiß, ob ich auf der anderen Seite mit Bambusstöcken vertrieben werde.“

Heribert Haberhausen

Station 8

Holzbrücke: tragender Grund

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Wirf deinen Wanderstab nicht fort, ehe du aus dem Sumpf heraus bist.
(Sprichwort aus Ghana)

Mein Fuß steht auf rechtem Grund.
Ps 26,12


Der Sumpf

Umsonst ist dein Bemühen,
O Sumpf, mich anzulocken!
Wie sehr mir auch dein sammtnes,
Nur zart begrastes Ufer,
Wie sehr mir auch dein Schilfrohr,
Das Winde sanft bewegen,
Und die goldfarbnen Blumen
Gefallen, die dich zieren
Und sich, wie dein Gewässer,
Erheben oder senken,
Werd’ ich dir doch nicht nahen.

Zu viel hat mir die Mutter
Erzählt von den Gefahren,
Die auf den Unerfahrnen,
Der dir zu nah kommt, lauern,
In deinem Schlamme wohnen

Die gelbgefleckte Kröte,
Und gier’ge Wasserschlangen,
Die, wenn sie Kinder sehen,
Schnell auf das Ufer kommen
Und um den Fuß sich winden,
Der tief und immer tiefer
In die vermeinte Wiese
Versinkt, bis endlich Rettung
Unmöglich ist. Das steht uns

Bevor am hellen Tage.
Hat sich die Nacht gesenket,
So lockest du den Wandrer
Von weitem an mit deinen
Unsteten, leichten Flammen,
Die in der Geisterstunde
(Vielleicht, wer kann das wissen,
Sind selbst sie Geister) seltsam
Sich hin und her bewegen
In schauerlichen Tänzen.

Nein, Sumpf! vergebens harrst du
Auf mich; mir schaudert, wenn ich
Auch nur so an dich denke.

Elisabeth Kulmann

Station 9

Baumüller: Aufstieg

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Nur wer die Mühen des Aufstieges auf sich nimmt,
kann dann auch den Blick vom Gipfel genießen.
(Joszef Freiherr von Eötvös)

Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
(Ps 121,4)

 


Am Ende werden wir den Berg deshalb lieben, weil er uns das Äußerste abverlangt hat und für einen kostbaren Augenblick hoch über das Alltagsleben erhoben hat und die Schönheit einer Strenge, einer Macht und einer Reinheit gezeigt hat, die wir nie erfahren hätten, hätten wir dem Berg nicht ins Angesicht gesehen und mit ihm gekämpft.

Sir Francis Edwart Younghusband

Beim Besteigen eines Berggipfels begegnen mir wichtige Lebensthemen wie Vorfreude, Anfangsbegeisterung, Zweifel, Müdigkeit, Staunen, Durchhalten Neuaufbruch, dass Glücksgefühl beim Ankommen und die Einsicht, dass sich auf dem Gipfel nicht leben lässt, sondern das wirkliche Leben mich zum Abstieg ruft.

Man darf sein Ziel nicht aus den Augen verlieren, doch wenn man einen Berg erklimmt, sollte man hin und wieder stehen bleiben und die Aussicht genießen. Mit jedem eroberten Meter kann man weiter in die Ferne blicken und Dinge entdecken, die man zuvor nicht wahrgenommen hat.

Paulo Coelho, Die Schriften von Accra

Station 10

Bergkapelle: Zufluchtsort

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Der sich angekommen glaubt, ruht sich gerade aus
und sammelt Kräfte für den nächsten Aufbruch.
(Romana Prinoth Fornwagner)

Sei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann,
der du zugesagt hast, mir zu helfen;
Ps 71,3a


Als ich einmal mit Gott reden wollte, war er nicht da. Ich hätte gern mit ihm Kaffee getrunken. Ich stellte mir vor, wir würden an einem dieser kleinen Tische sitzen und erzählen. Er würde mich mit aufmerksamen Augen ansehen, vielleicht hier und da eine Frage einwerfen, und dann sagte er, was er denkt. Aber so einfach war es nicht. Denn wo wohnt Gott?
Ich machte mich auf die Suche. Im Himmel sah ich Wolken und Flugzeuge und Tauben, aber nicht Gott. Ich schaute in eine Kirche, es roch nach Wärme und Weihrauch und nach jemandem, der gerade hier war. Aber war es Gott? Ich suchte auf einem Friedhof, in einem nahe gelegenen Forst und an einem Gipfelkreuz. An keinem der Orte schien mir Gottes Anwesenheit ausgeschlossen, aber für ein Kaffeetrinken reichte es nicht.
Entmutigt wollte ich nach Hause gehen. Da kam ich an einem Schaukasten vorbei. Jemand hatte ein paar Filzblumen hineingeklebt und einen Spruch: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“(Martin Buber)
Ach, dachte ich. Gott hat keinen festen Wohnsitz. Ich könnte also direkt hier mit ihm reden. Vorsichtig schaute ich mich um, als erwartete ich, eine Stimme zu hören Aber Stimmen aus dem Nichts hatte ich noch nie gehört. Ich überlegte. Wenn Gott überall wohnt, dann ist der nächstgelegene Ort ich selbst. Dann müsste ich nicht irgendwo da draußen suchen. Dann wohnte Gott in mir. Er säße am Tisch meiner Gedanken und flüsterte in mein Herz.
Seitdem übe ich mich im Hören.

Susanne Niemeyer

Du bist mein Zufluchtsort

Du bist mein Zufluchtsort
Ich berge mich in Deiner Hand
denn Du schützt mich, Herr
Wann immer mich Angst befällt
traue ich auf Dich

Ja, ich trau auf Dich
und ich sage: „Ich bin stark
in der Kraft meines Herrn.“

Michael Ledner dt: Gitta Leuschner

MP3 
Du bist mein Zufluchtsort

Wozu sorge ich?

Gott ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führt mich zum frischen Wasser.

Er erquickt meine Seele.
Mein. Weg ist ohne Gefahr,
denn er selbst ist es, der mich leitet.

Und wanderte ich im finstern Tal,
so fürchte ich kein Unglück,
denn du bist bei mir.
Du gibst mir Frieden.

Du deckst meinen Tisch in deinem Haus,
in das kein Feind mir folgt,
keine Schuld und kein Fluch.

Du machst meine Seele rein
und schmückst mich festlich.
Der Becher, den ich trinke,
fließt über von erfrischendem Trank.

Mit Güte und Freundlichkeit
umgibt mich Gott, solange ich lebe,
und ich habe Wohnrecht in seinem Haus
jetzt und in Ewigkeit.

Psalm 23