Station 14

Marktplatz: Zielpunkt

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„Jeder Augenblick im Leben ist ein neuer Aufbruch, ein Ende und ein Anfang, ein Zusammenlauf der Fäden und ein Auseinandergehen.“
(Yehudi Menuhin)

Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei;
ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte.
Phil 3,12


Der Wettlauf der Frösche

Eines Tages entschieden die Frösche, einen Wettlauf zu veranstalten. Um es besonders schwierig zu machen, legten sie als Ziel fest, auf den höchsten Punkt eines großen Turms zu gelangen.
Am Tag des Wettlaufs versammelten sich viele andere Frösche, um zuzusehen. Dann endlich – der Wettlauf begann.
Nun war es so, dass keiner der zuschauenden Frösche wirklich glaubte, dass auch nur ein einziger der teilnehmenden Frösche tatsächlich das Ziel erreichen könne. Anstatt die Läufer anzufeuern, riefen sie also “Oje, die Armen! Sie werden es nie schaffen!” oder “Das ist einfach unmöglich!” oder “Das schafft Ihr nie!”
Und wirklich schien es, als sollte das Publikum Recht behalten, denn nach und nach gaben immer mehr Frösche auf.
Das Publikum schrie weiter: “Oje, die Armen! Sie werden es nie schaffen!”
Und wirklich gaben bald alle Frösche auf – alle, bis auf einen einzigen, der unverdrossen an dem steilen Turm hinaufkletterte – und als einziger das Ziel erreichte.
Die Zuschauerfrösche waren vollkommen verdattert und alle wollten von ihm wissen, wie das möglich war. Einer der anderen Teilnehmerfrösche näherte sich ihm, um zu fragen, wie er es geschafft hatte, den Wettlauf zu gewinnen.
Und da merkten sie erst, dass dieser Frosch taub war!

Verfasser unbekannt

 

Weg der Dämmerung

Bald will´s Abend sein.
Stumm steht das Geheg
und ich geh allein
den verschneiten Weg,

der, vom Hang gelenkt,
sich mit leisem Schwung
leiser abwärts senkt
in die Niederung.

Birken, starr von Eis,
Pfahlwerk, unbehau´n,
Dorn und Erlenreis,
ein verwehter Zaun

geben seiner Spur
anfangs das Geleit,
dann gehört er nur
der Unendlichkeit –

die verdämmernd webt
und ihn unbestimmt,
wie er weiterstrebt,
in ihr Dunkel nimmt.

Reif erknirscht und Schnee
unter meinem Schuh.
Weg, auf dem ich geh´
dir gehör´ ich zu!

Wer des Lichts begehrt,
muß ins Dunkel geh´n.
Was das Grauen mehrt,
läßt das Heil ersteh´n!

Wo kein Sinn mehr mißt,
waltet erst der Sinn!
Wo kein Weg mehr ist,
ist des Wegs Beginn!

Manfred Hausmann

Man muß nie verzweifeln, wenn etwas verloren geht, ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück; es kommt alles noch herrlicher wieder. Was abfallen muß, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns, denn es geht alles nach Gesetzten vor sich, die größer als unsere Einsicht sind und mit denen wir uns scheinbar im Widerspruch stehen. Man muß in sich selber leben und an das ganze Leben denken, an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten und Zukünften, denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.

Rainer Maria Rilke. Brief an Friedrich Westhoff, Rom, 29.4.1904

Station 1

Evangelischer Friedhof: Türen meines Lebens

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Es ist ein Gesetz im Leben: Wenn sich eine Tür schließt,
öffnet sich dafür eine andere.
(Andre Gide)

Christus sagt: Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan
und niemand kann sie zuschließen.
Offb 3,8


Bronnie Ware: The top five regrets of the dying

  1. “Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben”
  2. “Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet”
  3. “Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken”
  4. “Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten”
  5. “Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein”
Es kann Dir jemand die Tür öffnen,
aber hindurchgehen musst Du selbst.
                                      Konfuzius
So ist das im Leben:
Wenn sich eine Tür schließt,
öffnet sich eine Andere.
Die Tragik liegt darin, dass wir
nach der geschlossenen Tür blicken,
nicht nach der Offenen.
André Gide
Eine schwere Zeit ist wie ein dunkles Tor.
Trittst du hindurch, trittst du gestärkt hervor.
                                  Hugo von Hofmannsthal

Station 2

Erbke: Schleifen des Leben

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Du erreichst dein Ziel nicht auf geradem Weg!
Martin Allenberg

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn,
er wird’s wohl machen.
Ps 37,5


Wanderung

Es waren zwei Mönche, die lasen miteinander in einem alten Buch, am Ende der Welt gebe es einen Ort, an dem der Himmel und die Erde sich berühren. Sie beschlossen, ihn zu suchen und nicht zurückzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten.

Sie durchwanderten die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt fordert, und alle Versuchungen, die einen Menschen vom Ziel abbringen können. Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen, man brauche nur anzuklopfen und befinde sich bei Gott.

Schließlich fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete, und als sie eintraten, standen sie zu Hause in ihrer Klosterzelle.

Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, befindet sich auf dieser Erde, an der Stelle, die Gott uns zugewiesen hat.

Wolfgang Erik, Hoffnungstexte

Drei Bäume

Es waren einmal drei kleine Bäume, die standen auf einem Hügel, inmitten in einem Wald. Als sie ihre Hoffnungen und Träume, die sie für ihre Zukunft hegten, diskutierten, sagte der erste Baum: „Eines Tages werde ich eine Schatztruhe sein, voll mit Diamanten, Gold und Kleinodien. Ich werde mit aufwendigen Schnitzereien bedeckt sein und jeder wird meine Schönheit sehen.“

Der zweite Baum sprach: „Eines Tages werde ich ein gewaltiges Schiff sein. Ich werde Könige und Königinnen über die Meere fahren. Ich werde zu den vier Enden der Erde segeln und jeder wird sich wegen der Stärke meines Schiffskörpers in mir sicher fühlen.“

Zum Schluss sagte der dritte Baum: „Eines Tages werde ich im ganzen Wald der größte Baum sein, hoch- und geradegewachsen. Wenn mich die Leute oben auf diesem Hügel stehen sehen, werden sie erkennen, wie nahe ich daran bin, Gott selbst zu berühren. Ich werde der größte Baum aller Zeiten sein und die Menschen werden sich immer an mich erinnern.“

Nach Jahren des Gebets für die Erfüllung ihrer Träume, kam eines Tages eine Gruppe von Förstern in den Wald. „Dieser sieht nach einem starken Baum aus, ich denke ich werde dieses Holz an einen Zimmermann verkaufen können.“ Während er den Baum fällte, war der Baum glücklich, denn er wußte, dass er jetzt endlich zu einer Schatztruhe werden würde.

Der zweite Förster sagte, „Und dieser Baum sieht auch ausgezeichnet aus, ich denke, dass ich ihn auf der Schiffswerft verkaufen kann.“ Und auch der zweite Baum war glücklich, denn er war auf dem Weg, ein gewaltiges Schiff zu werden.

Als aber der dritte Förster zu dem dritten Baum kam, war dieser sehr erschrocken, denn er wußte, wenn er jetzt gefällt wird, würde sein Traum, einmal der höchste Baum im Wald zu werden, nie in Erfüllung gehen. Der dritte Förster sagte, „Ich brauche etwas Brennholz, dieser Baum ist genau das Richtige für mich.“

Als der erste Baum bei dem Tischler ankam, wurde er zu einer Futterkrippe für Tiere gemacht. Diese wurde mit Heu gefüllt und in eine Scheune gestellt. Das war absolut nicht das, wofür er gebetet hatte. Der zweite Baum wurde zersägt und es wurde ein Fischerboot daraus gebaut. Sein Traum, ein gewaltiges Schiff zu werden, das Könige über die Wasser fahren würde, zerbröckelte. Aber der Förster, der den dritten Baum gefällt hatte, starb kurz danach und der Baum wurde nie als Brennholz verwendet. Er wurde in große Holzstämme zersägt und diese lagen den ganzen Winter auf dem kalten Boden.

Als die Jahre vergingen, hatten die Bäume ihre Hoffnungen und Träume aufgegeben und vergessen. Aber dann kam eines Tages ein junger Mann und eine junge Frau in die Scheune. Sie gebar und legte das Baby in die Futterkrippe, die aus dem ersten Baum gefertigt war. Der Mann hatte sich gewünscht, eine Wiege für sein Kind zimmern zu können, aber nun musste diese Futterkrippe genügen und diesen Dienst erfüllen. Obwohl es diesem Baum nicht bewußt war, war in ihn der größte Schatz aller Zeiten gelegt.

Jahre später ging eine Gruppe von Männern in das Boot, das aus dem zweiten Baum gefertigt war. In der Nacht erhob sich ein starker Sturm. Der Mann, der inmitten dieses Sturmes schlief, stand auf, hob die Arme und sagte, „Friede,“ und der Sturm legte sich sofort. Obwohl der Baum keine Ahnung davon hatte, war doch der größte König aller Zeiten in seinem Boot.

Und eine kurze Zeit danach, wurde der dritte Baum durch die Straßen von Jerusalem geschleift und die Menschen verspotteten den Menschen, der dieses Holz trug. Und als der Baum auf der Höhe des Hügels ankam, wurde das Holz hoch aufgerichtet und das Holz stand auf dem höchsten Punkt des Hügels, für alle sichtbar und der Baum kam so nahe daran, Gott zu berühren, wie es nur jemals möglich gewesen war.

Die Moral der Geschichte ist: Gott hat einen Plan für dein Leben. Jeder Baum bekam, was er sich wünschte, aber nicht auf die Weise, in der er es sich vorgestellt hatte.
“Alle Religionen lehren, daß wir einander lieben und unsere eigenen Fehler herausfinden sollten, bevor wir uns erkühnen, die Fehler anderer zu verdammen, und daß wir uns nicht über unseren Nächsten erheben dürfen.”

Abdul-Baha

 

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

Rainer Maria Rilke

Station 3

Eisenbahnbrücke: Wasser des Lebens

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Panta rhei – alles fließt
Heraklith

Wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.
Apk 22,17


Epirrhema

Müsset im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten:
Nichts ist drinnen, nichts ist draußen;
Denn was innen, das ist außen.
So ergreifet ohne Säumnis
Heilig öffentlich Geheimnis.

Freuet auch des wahren Scheins,
Euch des ernsten Spieles:
Kein Lebendiges ist ein Eins,
Immer ists ein Vieles.

Johann Wolfgang Goethe: Gedichte

 

Quellen sind der Ursprung unserer Bäche und Flüsse. Sie sind auch der Inbegriff von reinem, klarem, natürlichem Wasser. Quellen galten schon immer als etwas Besonderes. An ihren Austrittsstellen wurden Kirchen, Tempel, Kapellen gebaut. Oft galten Quellen als heilig. Wasser ist der kostbarste Schatz, den die Natur uns aufbewahrt.

Im ewigen Kreislauf verbindet es Himmel und Erde. In Wolken und Regen, in Schnee und Eis fällt es zur Erde.

Macht sie grün und fruchtbar, verzaubert und schmückt sie. Schafft Quellen, Bäche, Flüsse und Seen, gestaltet die Erde mit Bergen und Tälern, ergießt sich ins Meer in unendliche Weiten. Steigt wieder nach oben, verdunstend zum Himmel. Es rinnt durch die Kehle, erfrischt mit Kühle, spiegelt den Durst von uns Menschen nach Leben.

Wasser reinigt von Schmutz und erfrischt unseren Körper. Es lindert das Leiden, wäscht ab unsere Tränen, tauft uns auf Jesu Namen.

Wasser – Geschenk des Himmels für die Geschöpfe der Erde.

Die Gestalt des Wassers ist in stetigem Wandel begriffen. Wohin möchte ich mich entwickeln?

Die Quelle bleibt nicht für sich. Sie verschenkt sich, sie fließt hin zu anderen. Eine Quelle will fließen. Sie strömt und verschenkt sich ja auch an dich.

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