Station 8

Holzbrücke: tragender Grund

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Wirf deinen Wanderstab nicht fort, ehe du aus dem Sumpf heraus bist.
(Sprichwort aus Ghana)

Mein Fuß steht auf rechtem Grund.
Ps 26,12


Der Sumpf

Umsonst ist dein Bemühen,
O Sumpf, mich anzulocken!
Wie sehr mir auch dein sammtnes,
Nur zart begrastes Ufer,
Wie sehr mir auch dein Schilfrohr,
Das Winde sanft bewegen,
Und die goldfarbnen Blumen
Gefallen, die dich zieren
Und sich, wie dein Gewässer,
Erheben oder senken,
Werd’ ich dir doch nicht nahen.

Zu viel hat mir die Mutter
Erzählt von den Gefahren,
Die auf den Unerfahrnen,
Der dir zu nah kommt, lauern,
In deinem Schlamme wohnen

Die gelbgefleckte Kröte,
Und gier’ge Wasserschlangen,
Die, wenn sie Kinder sehen,
Schnell auf das Ufer kommen
Und um den Fuß sich winden,
Der tief und immer tiefer
In die vermeinte Wiese
Versinkt, bis endlich Rettung
Unmöglich ist. Das steht uns

Bevor am hellen Tage.
Hat sich die Nacht gesenket,
So lockest du den Wandrer
Von weitem an mit deinen
Unsteten, leichten Flammen,
Die in der Geisterstunde
(Vielleicht, wer kann das wissen,
Sind selbst sie Geister) seltsam
Sich hin und her bewegen
In schauerlichen Tänzen.

Nein, Sumpf! vergebens harrst du
Auf mich; mir schaudert, wenn ich
Auch nur so an dich denke.

Elisabeth Kulmann

Station 9

Baumüller: Aufstieg

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Nur wer die Mühen des Aufstieges auf sich nimmt,
kann dann auch den Blick vom Gipfel genießen.
(Joszef Freiherr von Eötvös)

Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
(Ps 121,4)

 


Am Ende werden wir den Berg deshalb lieben, weil er uns das Äußerste abverlangt hat und für einen kostbaren Augenblick hoch über das Alltagsleben erhoben hat und die Schönheit einer Strenge, einer Macht und einer Reinheit gezeigt hat, die wir nie erfahren hätten, hätten wir dem Berg nicht ins Angesicht gesehen und mit ihm gekämpft.

Sir Francis Edwart Younghusband

Beim Besteigen eines Berggipfels begegnen mir wichtige Lebensthemen wie Vorfreude, Anfangsbegeisterung, Zweifel, Müdigkeit, Staunen, Durchhalten Neuaufbruch, dass Glücksgefühl beim Ankommen und die Einsicht, dass sich auf dem Gipfel nicht leben lässt, sondern das wirkliche Leben mich zum Abstieg ruft.

Man darf sein Ziel nicht aus den Augen verlieren, doch wenn man einen Berg erklimmt, sollte man hin und wieder stehen bleiben und die Aussicht genießen. Mit jedem eroberten Meter kann man weiter in die Ferne blicken und Dinge entdecken, die man zuvor nicht wahrgenommen hat.

Paulo Coelho, Die Schriften von Accra

Station 10

Bergkapelle: Zufluchtsort

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Der sich angekommen glaubt, ruht sich gerade aus
und sammelt Kräfte für den nächsten Aufbruch.
(Romana Prinoth Fornwagner)

Sei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann,
der du zugesagt hast, mir zu helfen;
Ps 71,3a


Als ich einmal mit Gott reden wollte, war er nicht da. Ich hätte gern mit ihm Kaffee getrunken. Ich stellte mir vor, wir würden an einem dieser kleinen Tische sitzen und erzählen. Er würde mich mit aufmerksamen Augen ansehen, vielleicht hier und da eine Frage einwerfen, und dann sagte er, was er denkt. Aber so einfach war es nicht. Denn wo wohnt Gott?
Ich machte mich auf die Suche. Im Himmel sah ich Wolken und Flugzeuge und Tauben, aber nicht Gott. Ich schaute in eine Kirche, es roch nach Wärme und Weihrauch und nach jemandem, der gerade hier war. Aber war es Gott? Ich suchte auf einem Friedhof, in einem nahe gelegenen Forst und an einem Gipfelkreuz. An keinem der Orte schien mir Gottes Anwesenheit ausgeschlossen, aber für ein Kaffeetrinken reichte es nicht.
Entmutigt wollte ich nach Hause gehen. Da kam ich an einem Schaukasten vorbei. Jemand hatte ein paar Filzblumen hineingeklebt und einen Spruch: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“(Martin Buber)
Ach, dachte ich. Gott hat keinen festen Wohnsitz. Ich könnte also direkt hier mit ihm reden. Vorsichtig schaute ich mich um, als erwartete ich, eine Stimme zu hören Aber Stimmen aus dem Nichts hatte ich noch nie gehört. Ich überlegte. Wenn Gott überall wohnt, dann ist der nächstgelegene Ort ich selbst. Dann müsste ich nicht irgendwo da draußen suchen. Dann wohnte Gott in mir. Er säße am Tisch meiner Gedanken und flüsterte in mein Herz.
Seitdem übe ich mich im Hören.

Susanne Niemeyer

Du bist mein Zufluchtsort

Du bist mein Zufluchtsort
Ich berge mich in Deiner Hand
denn Du schützt mich, Herr
Wann immer mich Angst befällt
traue ich auf Dich

Ja, ich trau auf Dich
und ich sage: „Ich bin stark
in der Kraft meines Herrn.“

Michael Ledner dt: Gitta Leuschner

MP3 
Du bist mein Zufluchtsort

Wozu sorge ich?

Gott ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führt mich zum frischen Wasser.

Er erquickt meine Seele.
Mein. Weg ist ohne Gefahr,
denn er selbst ist es, der mich leitet.

Und wanderte ich im finstern Tal,
so fürchte ich kein Unglück,
denn du bist bei mir.
Du gibst mir Frieden.

Du deckst meinen Tisch in deinem Haus,
in das kein Feind mir folgt,
keine Schuld und kein Fluch.

Du machst meine Seele rein
und schmückst mich festlich.
Der Becher, den ich trinke,
fließt über von erfrischendem Trank.

Mit Güte und Freundlichkeit
umgibt mich Gott, solange ich lebe,
und ich habe Wohnrecht in seinem Haus
jetzt und in Ewigkeit.

Psalm 23

Station 11

Dorfplatz Wiehagen: Mitten im Leben

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Kommunikation – und Mensch sein – ist nicht einfach…
aber überraschend wendungsreich.
(Damaris Wieser)

Jesus fragte seine Jünger:
Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?
Mt 16,13


Wann beginnt der Tag?

Ein alter chassidischer Rabbi fragte seine Schüler, woran man den Zeitpunkt zwischen dem Ende der Nacht und dem Anfang des Tages erkennen könne, denn das sei die Zeit für bestimmte Gebete.
››Ist er gekommen«, schlug ein Schüler vor, »sobald man erkennen kann, ob ein in der Ferne gesehenes Tier ein Schaf oder ein Hund ist?«
››Nein«, antwortete der Rabbi.
››Ist er gekommen, sobald man auf seiner Handfläche die Linien klar erkennt?«
»Oder wenn man von einem Baum in einiger Entfernung sagen kann, ob es ein Feigen- oder ein Birnbaum ist?«
››Nein<<, antwortete der Rabbi jedes Mal.
››Wann ist er dann gekommen?«, fragten die Schüler.
››Er ist da, wenn du die Mitmenschen als deine Brüder und Schwestern erkennen kannst. Bis dahin ist es noch Nacht.«

 

 

Nur ein Gerücht

Eines Tages forderte eine Lehrerin die ganze Klasse auf, mit ihr in den Schulhof zu gehen. Dort liegen zwei große Haufen welker Blätter. Der Hausmeister hat sie am Morgen zusammengekehrt. Zum Erstaunen aller bittet die Lehrerin die Kinder, das Laub wieder im Hof und auf der Straße auszustreuen.
Was für ein Hallo! Mit Feuereifer helfen alle mit und der stürmische Herbstwind bläst kräftig und unterstützt ihr Tun. Bald sind die Blätter in alle Himmelsrichtungen verstreut. Die Kinder strahlen.
„So“, sagt die Lehrerin, „und jetzt sammelt ihr fein säuberlich alles wieder ein. Aber es darf kein Blatt fehlen, verstanden.“ Sie spricht plötzlich sehr ernst, fast zornig.
„Aber, das können wir nicht. Unmöglich, niemand kann das“, versichern die Kinder.
„Richtig. Und genauso ist es mit einem Gerücht, das einer in die Welt setzt. Es wird ausgestreut und niemand kann die gesagten Worte wieder zurückholen. Sie werden weiter und weiter getragen, ohne dass noch jemand eine Kontrolle darüber hat“.

Ursula Berg

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,

Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,

Wenn sich dann wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,

Dann fliegt vor einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.

Novalis